Beruf | Do, 4. Januar 2024

Burnout: Auch Christen sind betroffen

Lesezeit: 8 Min.

Einleitende Gedanken

Burnout (kommt aus dem Englischen: to burn out = ausbrennen) ist inzwischen ein altes Thema. Bereits 1974 wiesen erste Therapeuten auf das Problem eines Zustands anhaltender emotionaler Erschöpfung und Überforderung hin, die mit körperlichen Beschwerden verbunden sind. Damals handelte es sich besonders um Probleme, die bei Menschen auftragen, die in Sozialberufen tätig waren.

Betroffene

Das ist inzwischen anders. Besonders seit Corona und den unverhältnismäßigen Maßnahmen dieser Zeit tritt das Phänomen verstärkt auf. Laut einer Studie klagten beispielsweise 2020 56 % der Ärzte und 57 % aller Pfleger über Burn-out-Symptome. Aber man darf Burn-out eben nicht auf diese Berufsgruppen beschränken. Übrigens gab es 2020  in Deutschland anscheinend 180.000 Betroffene.

Neben Personen, die im Sozialbereich arbeiten, sind oft Manager (auch im Sportbereich, Trainer usw.) sowie Personen, die beruflich aufsteigen wollen, betroffen. Inzwischen kommen Burnout-Leidtragende in allen Fachgebieten vor. Sogenannte „Perfektionisten“ sind besonders oft vertreten, Menschen, die einen hohen Anspruch an sich selbst stellen.

Konflikte

Oft stellt sich zudem heraus, dass es nicht nur einen Problembereich gibt: Konflikte im häuslichen Bereich mehren sich beispielsweise: Herausforderungen in Partnerschaft und Familienleben. Dadurch konzentrieren sich  manche noch mehr auf ihren Beruf und Anerkennung dort. Das hat zur Folge, dass Erholungszeiten fehlen.

Wenn dann unter Christen Krisen im Glauben hinzukommen, kann sich leichter ein „Ausbrennen“ einstellen: Man fühlt sich im Dienst nicht anerkannt, wird vielleicht in bestimmten Bereichen kritisiert und fühlt sich unwohl inmitten der christlichen Gemeinde. Das, was vorher eine Quelle der Ruhe, Erholung und womöglich Bestätigung war, wird jetzt so verstanden, dass es einen weiter ermüdet und erschöpft.

So steigern sich Frustration in den verschiedenen Lebensbereichen mit der Folge, dass man resigniert und eine innere Leere fühlt.

Noch immer keine medizinische Diagnose ...

Burn-out ist nach wie vor keine medizinische Diagnose. Man kann wohl noch immer nicht von eindeutigen Symptomen sprechen. Vor diesem Hintergrund ist der Begriff Burnout-Syndrom irreführend. Es gibt Überschneidungen zwischen Burn-out und Depression. Beides ist gekennzeichnet durch

  • Antriebslosigkeit
  • Müdigkeit
  • Mutlosigkeit
  • Gefühl der Leere und Sinnlosigkeit

Vielfach führt ein Burnout zu

  • Schlafproblemen
  • ständiger Anspannung, die nicht aufgelöst werden kann
  • Reizbarkeit
  • Aggression
  • Stimmungsschwankungen
  • zunehmende Ungeduld
  • Ärger über uns selbst
  • Stress
  • Nervosität
  • Kopfschmerzen
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Magen-Darm-Beschwerden
  • Abfall der Leistungsfähigkeit
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Zweifel an der eigenen Kompetenz

Prozesse

Natürlich kommt ein Burnout nicht von heute auf morgen. Es gibt Phasen, die sich dann irgendwann kulminieren. Meistens bestehen bereits vorher Anhaltspunkte, die man nicht ernst genug nimmt.

Manche sprechen von sieben (Burisch), andere von 12 Phasen (Freudenberger/North): Diese sind:

  1. Warnsymptome der Anfangsphase 
  2. Reduziertes Engagement / Rückzug 
  3. Emotionale Reaktionen / Schuldzuweisungen 
  4. Abbau 
  5. Verflachung 
  6. Psychosomatische Reaktionen 
  7. Verzweiflung

Oder das andere Modell:

  1. Der Zwang sich zu beweisen
  2. Verstärkter Einsatz
  3. Vernachlässigung eigener Bedürfnisse
  4. Verdrängung von Konflikten (und Bedürfnissen)
  5. Umdeutung von Werten
  6. Verleugnung der Probleme
  7. Rückzug
  8. Verhaltensänderung
  9. Depersonalisation
  10. Innere Leere
  11. Depression
  12. Völlige Erschöpfung

Natürlich läuft das bei jedem ganz individuell ab, so dass man sich auf die konkreten Phasen letztlich nicht konzentrieren muss. Die genannten Phasen sind in diesem Sinn mehr beschreibend als notwendig. Wer einzelne Phasen bei sich nicht kennt, liegt dadurch somit nicht falsch.

Behandlung

Bei solchen Erschöpfungserscheinungen kann man nur dringend dazu raten, zu einem Arzt zu gehen. In aller Regel wird man allein nicht Herr dieser Probleme! Niemand sollte meinen, Medikamente wären schlimm, ein Makel oder dergleichen. Keiner würde ein gebrochenes Bein ohne einen Mediziner operieren lassen.

So sollte man unbedingt bei diesen Symptomen einen Arzt aufsuchen. Das gilt auch und gerade für uns Christen. Nicht von ungefähr spricht der Apostel Paulus vom geliebten Arzt (Kol 4,14). Wir dürfen und sollen daher entsprechende Hilfestellungen in Anspruch nehmen!

Die Bibel

Natürlich muss man vorsichtig sein, heutige medizinische Diagnosen in der Bibel wiederfinden zu wollen. Das ist oft „gesucht“ und wird der Botschaft des Wortes Gottes nicht gerecht. Dennoch finden wir bestimmte Symptome, die gewisse Vergleiche ermöglichen.

Ich weise an dieser Stelle auf drei Personen hin, bei denen man Hinweise findet, die man heute mit einem Burn-out in Verbindung bringen könnte. Das heißt nicht, dass sie damals einen Burn-out wirklich erlebt hätten. Aber ihre Aussagen würde man heute vermutlich mit einem solchen Ausbrennen verknüpfen: Elia, Jona, Jeremia. Die Beschäftigung mit Jeremia überlasse ich jedem persönlich.

Elia

In 1. Könige 19,4 lesen wir nach dem großen Glauben Elias auf dem Berg Karmel, dass er vor Isebel in die Wüste flog. Dazu heißt es dort: „Er selbst aber ging in die Wüste, eine Tagereise weit, und kam und setzte sich unter einen Ginsterstrauch. Und er bat, dass er sterben dürfe, und sprach: Es ist genug; nimm nun, Herr, meine Seele, denn ich bin nicht besser als meine Väter.“

Elia hatte sich sehr für Gott und das Volk Gottes eingesetzt. Er war durch große Hingabe, Energie und Einsatzbereitschaft geprägt. Er nahm keine Rücksicht auf Lebensgefahr für ihn selbst. Die Antwort des Volkes war halbherzig. Er stand nach wie vor praktisch allein, obwohl Gott noch viele Gläubige inmitten Israels hatte. Aber niemand stellte sich öffentlich auf seine Seite. Und dann verfolgte ihn schließlich die rachsüchtige, brutale Königin Isebel. Das war zu viel für den Mann Gottes. Er war erschöpft und am Ende.

Was war sein Problem? Anscheinend hat Elia zu sehr auf sich selbst und seinen Dienst gesehen. Er wusste zwar um Obadja, sah ihn jedoch als versagenden Propheten an. Schon auf dem Karmel hatte er davon gesprochen, dass er allein übrig geblieben sei (1. Kön 18,22). Er eiferte für Gott, überschätzte aber offenbar seine Kräfte. Statt die mögliche Gemeinschaft mit weiteren Gläubigen zu suchen, die ebenfalls wie er die Knie nicht vor den Götzen gebeugt hatten, isolierte er sich. Er meinte, besser zu sein als andere, auch wenn er mündlich das Gegenteil sagte.

Wie handelte Gott? Gott beginnt nicht mit einem Tadel, obwohl Er das hätte tun können. Er sorgt erst einmal dafür, dass sein Prophet wieder zu Kräften kommt. Und er schenkt ihm einen langen, erholsamen Schlaf. Man könnte das heute mit „Medizin“ vergleichen. Dann gibt Er Elia eine besondere Gottesoffenbarung. Leider lässt sich Elia hier nicht helfen. Später sehen wir, dass er Gottes Handeln und Regieren doch noch annimmt.

Was lernen wir für uns? Für solche, die helfen wollen: Selbst wenn einzelne Punkte im Leben eines Gläubigen falsch gelaufen sein mögen und dazu beigetragen haben, dass es zu einem Burn-out gekommen ist (z. B. Selbstüberschätzung), fangen wir damit nicht an in der „Hilfestellung“ und Seelsorge. Sondern erste Aufgabe ist es, die körperliche Gesundheit zu stabilisieren. Das heißt, die Hilfe eines Mediziners ist gefragt. Auf Dauer aber wird jemand natürlich nur regenerieren, wenn er auch die Ursachen des Burn-out sieht und überwindet. Allerdings ist das der zweite Schritt. Nach und nach jedoch wird ein Seelsorger auch auf diese Punkte eingehen und Hilfestellungen geben.

Jona

Jona, ein weiterer Prophet, hatte von Gott einen außerordentlichen Auftrag bekommen. Er sollte Gottes Gericht in Ninive bezeugen. Aber er drehte im Eigenwillen ab und verweigerte den Gehorsam. Durch ein Wunder Gottes wurde Jona später auf dem Weg der Zucht Gottes bewahrt und wiederhergestellt. Er führte dann Gottes Auftrag doch noch treu aus. Allerdings wurde er missmutig, dass Gott das Wort der Weissagung Jonas nicht erfüllte und Gericht über Ninive brachte, wie vom Propheten angekündigt. Das verdross Jona und er wurde zornig. In diesem Kontext rief er in der Folge wie Elia: „Und nun, Herr, nimm doch meine Seele von mir; denn es ist besser, dass ich sterbe, als dass ich lebe“ (Jona 4,3). – Nochmal, wir können nicht sagen, dass Jona unter einem Burn-out litt. Aber die Symptome, die er hier zeigte, sind ähnlicher Art.

Was war sein Problem? Gott handelte nicht nach Jonas Vorstellungen. Dieser hatte sich Gott einmal im Eigenwillen widersetzt, war durch ein Wunder aber nur äußerlich, leider nicht innerlich zur Einsicht gekommen. Er sah seinen eigenen Ruf als Propheten in Gefahr und wollte einfach nicht mehr. Er sah sich und seinen Ruf, war mit sich, seiner Arbeit, seinem Umfeld und dann auch mit Gott „zu Ende“.

Wie handelte Gott? Wie bei Elia erfüllte Er den Wunsch Jonas, sterben zu wollen, (zunächst) nicht. Im Gegenteil, Er argumentierte mit dem Propheten und sprach ihm ins Gewissen. Jona war eben nicht „erschöpft“, sondern missmutig und zornig. Der Herr offenbarte sich Jona gegenüber sogar als Schöpfer-Gott, der einen Wunderbaum in einer Nacht wachsen lassen konnte. Dann jedoch ließ Er diesen Baum auch in einer Nacht wieder absterben. Jona sollte lernen, dass er sich mehr um sich selbst und seinen Schatten als um die Gesundheit von Kindern und Tieren kümmerte. Gott wandte sich seinem Propheten zu und zeigte ihm dessen Torheit.

Was lernen wir für uns? Es gibt Ursachen für einen Burnout. An diesen können und sollen wir nicht einfach vorbeigehen! Wir müssen – früher oder später – auf die Lebenseinstellung, die Gesinnung, die Beziehung des betroffenen Gläubigen zu Gott, zu den Seinen und zu sich selbst eingehen.

Ursachen und Hilfestellung

Wie bei den Symptomen gibt es verschiedene Ursachen für einen Burnout. Weiter oben haben wir diese im menschlichen Umfeld und in den Lebensumständen gesucht und gesehen. Aber es gibt gerade bei uns Gläubigen geistliche Gründe. Wir sollten nicht versuchen, sie auf „unsere Art“ oder auf andere zu schieben. Für unser Leben sind wir (als Erwachsene) selbst verantwortlich. Das müssen wir in einer seelsorgerlichen Betreuung beachten.

Ursachen können sein:

  • Selbstüberschätzung
  • fehlende Disziplin
  • mangelnde Selbstbeschränkung
  • Eigenwille
  • Wille, alles menschlich perfekt machen zu müssen
  • weltliche Karriereziele
  • nicht nein sagen können/wollen
  • ständige (Selbst-) Vergleiche
  • Suchen menschlicher Anerkennung
  • ohne menschliche Zuneigung nicht leben wollend
  • persönliches Wohlbefinden von Erfolg und Reaktion abhängig machen
  • gesetzliche Denk- und Handlungsweise

Sünde: Eine nicht zu unterschätzende Ursache habe ich noch nicht genannt. Sie kann, wie wir den Psalmen entnehmen können, immer und immer wieder Einfluss auf unser Leben bekommen. Das gilt auch für unsere Gesundheit (psychosomatisch) und die Psyche (Seele): Das ist Sünde, die wir zulassen. Die Verfehlung kann unterschiedliche Formen haben.

  • Unzucht (Hurerei)
  • Narzissmus und Egoismus
  • Eigenwille
  • Hochmut, sich in den Mittelpunkt stellen wollen

Es kann jedoch auch um (scheinbar) kleine Sünden gehen, die wir nicht in Ordnung gebracht haben: bekannt und gelassen haben.

Keine falschen Verdächtigungen! Sünden und Schuld usw. müssen nicht solche Folgen haben und wir sollten nie bei anderen denken: „Weil X gesundheitliche Probleme hat, ist er krank (und hat Burnout). Aber Gottes Wort zeigt den Zusammenhang von Sünde und Krankheit (auch Psychosomatik) an vielen Stellen in unmissverständlicher Weise. Es ist gut, das nicht zu übersehen und bei Hilfestellung und Selbsthilfe zu bedenken.

Unterstützungsangebote: Zunächst einmal kümmert sich ein Seelsorger um eine gute ärztliche Versorgung von Betroffenen. Das heißt, er begleitet sie zum Arzt oder schickt sie zu einem Mediziner.

Wenn eine gewisse gesundheitliche Stabilisierung eingetreten ist, geht man die Herausforderung grundsätzlicher an. Dazu muss der „Patient“ allerdings bereit sein. Sonst wirkt eine seelsorgerliche Begleitung eher kontraproduktiv. Beten können und sollen wir immer für Menschen mit einem Burnout. Und wenn man ein wenig Erfahrung hat auf diesem Gebiet, kann man Betroffenen schon helfen, bevor sie einen Burnout erleben, damit genau das nicht geschieht. Aber auch hier gilt: Nur dem, der sich helfen lassen möchte, kann geholfen werden.